Wie fühlst du dich, wenn du morgens aufwachst und es regnet? Wie geht es dir, wenn die Sonne scheint? Beeinflusst die Wetterlage deine Stimmung und deine Motivation aufzustehen?
Neben der Wetterlage ist da auch die Weltlage. Stehst du auf und checkst zuerst die News? Was macht das mit dir, morgens bereits schlechte Nachrichten zu lesen? Wie verarbeitest du das? Diese Fragen beschäftigten uns am Philo-Zirkel vom 26. April.
Wie wir Themen angehen, hängt in der Philo-Zirkel-Runde immer davon ab, wer teilnimmt. Dieses Mal setzte sich die Runde aus einem angehenden Arbeitspsychologen, einem Betriebsökonomen, einem Produktdesigner, einer Elektroplanerin und mir zusammen. Wir starteten mit der arbeitspsychologischen Perspektive. Betriebliche Gesundheitsförderung gewinnt an Bedeutung in der Wirtschaft. Studien belegen, dass eine optimale Arbeitsleistung erbracht wird, wenn die Bedingungen für Flow erfüllt sind. Es braucht also eine Balance zwischen Unter- und Überforderung. Bei Unterforderung droht ein BoreOut, bei anhaltender Überforderung ein BurnOut.
Auf den ersten Blick scheint die betriebliche Gesundheitsförderung nur ein Kostenfaktor, ohne direkten Output, darzustellen. Dies ist aber kurzsichtig gedacht: Hohe Fluktuationsraten und viele Krankheitstage von Mitarbeitenden führen unweigerlich zu Kosten, die durch die bewusste Gesundheitsförderung vermieden oder zumindest gesenkt werden könnten. Denken wir die Kausalitäten weiter, führen hohe Fluktuationsraten zu einem Abgang an Wissen oder sogar dazu, dass gar kein unternehmensspezifisches Wissen aufgebaut werden kann. "Wissen" als Produktionsfaktor kann einen wesentlichen Unterschied machen, wie erfolgreich ein Unternehmen ist.
Stell dir vor: Ein Unternehmen hat langjährige Mitarbeitenden, die die Produkte oder Dienstleistungen, die Kundinnen und Kunden, die Arbeitsprozesse, die Herausforderungen und ihr bisheriger Umgang damit, bestens kennen. Auch technologische Veränderungen haben sie aktiv miterlebt und verfügen über Prozesswissen, wie "die Dinge" vor neuer Software, vor KI-Tools usw. funktioniert hatten. Aus irgendwelchen Gründen kündigt ein solcher Mitarbeiter. Das ganze Wissen geht verloren.
Wissensmanagement ist eine wichtige Aufgabe für Unternehmen. Unterstützend wäre dabei, langjährige Mitarbeitende im Unternehmen halten zu können. Es ist klar, dass ein Mensch während seinem Leben nicht nur Höhen, sondern auch Tiefen erlebt. Schicksalsschläge, Krisen, gesundheitliche Probleme. Arbeitgebende sind gesetzlich zum Gesundheitsschutz verpflichtet:
Art. 6 ArG
1 Der Arbeitgeber ist verpflichtet, zum Schutze der Gesundheit der Arbeitnehmer alle Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes angemessen sind. Er hat im Weiteren die erforderlichen Massnahmen zum Schutze der persönlichen Integrität der Arbeitnehmer vorzusehen.25
2 Der Arbeitgeber hat insbesondere die betrieblichen Einrichtungen und den Arbeitsablauf so zu gestalten, dass Gesundheitsgefährdungen und Überbeanspruchungen der Arbeitnehmer nach Möglichkeit vermieden werden.
2bis Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit keinen Alkohol oder andere berauschende Mittel konsumieren muss. Der Bundesrat regelt die Ausnahmen.26
3 Für den Gesundheitsschutz hat der Arbeitgeber die Arbeitnehmer zur Mitwirkung heranzuziehen. Diese sind verpflichtet, den Arbeitgeber in der Durchführung der Vorschriften über den Gesundheitsschutz zu unterstützen.
4 Durch Verordnung wird bestimmt, welche Massnahmen für den Gesundheitsschutz in den Betrieben zu treffen sind.
Wir sind uns einig, dass das Thema betriebliche Gesundheitsförderung mehr Beachtung verdient. Wie Arbeitgebende damit umgehen, hängt auch von deren Führungsstil ab. Wir sprechen über autoritäre und "Laissez-faire"-Führung, über Bedürfnisorientierung und die Bedeutung von Vertrauen sowie über ambidextre Führung als Modell.
Welche Erwartungen haben Mitarbeitende an Führungspersonen? Der Mensch soll im Zentrum stehen, nicht der Profit. Wir kommen auf die Konzepte des Shareholder und Stakeholder Values zu sprechen. Wenn wir den Menschen - also die Kundinnen und Kunden, die Mitarbeitenden, die Lieferanten - in den Mittelpunkt stellen, und eben nicht das Produkt und den Gewinn, führt das unweigerlich zu achtsamer Führung. Wir müssen die Bedürfnisse dieser Anspruchsgruppen wahrnehmen und dazu gehört eben auch die mentale und körperliche Gesundheit.
Bei Führungsthemen kommt man früher oder später auf das Thema Kommunikation zu sprechen. "Entscheidend ist nicht, was man sagt, sondern wie es verstanden wird", meint T. Gespräche sollten auf allen Unternehmensebenen auf Augenhöhe geführt werden. Wir sind uns einig, dass es sehr wichtig ist, einander zuzuhören. "Du nimmst aus jedem Gespräch immer etwas mit", meint P.
Im Laufe des Abends sprechen wir über die Weltlage, die Kriege und wie wir damit umgehen. "Glokalisierung - global denken, aber lokal handeln" (T.) scheint uns ein gutes Instrument zu sein gegen die Ohnmacht und die Hilfslosigkeit, die wir häufig empfinden. Hier können wir etwas tun und uns für eine bessere "Wetterlage" einsetzen.
Vom heutigen Philo-Zirkel nehme ich wieder ganz viel mit. Unsere Gespräche sind eine grosse Inspiration und auch heute gehe ich wieder erfüllt und dankbar nachhause. Ein herzliches Dankeschön an alle Teilnehmenden!
Der Philo-Zirkel ist ein interdisziplinäres Angebot der BM-Abteilung am BBZB Luzern. Er wird organisiert und verantwortet von der Fachschaft W&R unter der Leitung von Miriam Huwiler. Eingeladen sind aktuelle und ehemalige Lernende und Lehrpersonen. Gerne dürfen Freunde mitgebracht werden. Der Philo-Zirkel findet seit September 2022 statt und unsere Gruppe ist unterdessen auf gut 20 Personen gewachsen.
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