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Produktivität und Tierwohl

Meine Eltern haben einen Landwirtschaftsbetrieb mit 18 Hektaren Grünlandfläche und 10 Hektaren Waldfläche, auf dem ich mitarbeite. Die Hauptbetriebszweige sind die Milchwirtschaft und die Schweinemast. Dank stetiger Investitionen zur Effizienz- und Profitsteigerung kann meine Familie vom Einkommen des Betriebes leben. Nach dem ersten Betriebsjahr stand fest, dass der bestehende Schweinestall keine Zukunft haben wird. Da das Vermögen durch den Erwerb des Betriebs nicht für einen Neubau ausreichte, entschloss man sich den Stall kostengünstig umzubauen.

Durch den Umbau des Schweinestalls wird die Produktivität und das Tierwohl gesteigert...

 

Vor dem Umbau konnten 45 Schweine pro Umtrieb gemästet werden. Die Tiere wurden nur im Innenbereich gehalten. Der Stall war in sieben Abteile unterteilt. Obwohl der Auslauf fehlte, waren die Richtlinien für das BTS-Label (besonders tierfreundliche Stallhaltung) bereits erfüllt. Die Fütterung erfolgte zweimal täglich in Form von Brei, dazu wurde der Futtertrog von Hand mit Futter und Wasser befüllt und den Schweinen das Futter nach dem Aufquellen (ca. 90 Minuten) zugänglich gemacht. Da diese Fütterungsmethode sehr zeitintensiv ist und fixe Fütterungszeiten bedeutet, wurden in diesem Bereich ebenfalls Anpassungen nötig.

Die Umbaupläne wurden umgesetzt. Bei der Fütterung setzte man auf Automatisierung, weshalb ein Hochsilo mit 31 Kubikmeter Kapazität errichtet und Futterautomaten im neuen Aussenbereich verbaut wurden. Im neuen Silo finden neu 21 Tonnen Futter in Form von Futterwürfeln Platz. Bis dahin waren es lediglich 5 Tonnen. Die Investition im Bereich der Fütterung belief sich auf 15'800 Franken. Der Innenbereich umfasst neu nur noch zwei Abteile, welche nur noch als Ruhebereich dienen. Die Fütterungsautomaten sowie die Beschäftigungsmöglichkeiten befinden sich im Aussenbereich. Die Anzahl Mastplätze konnte so von 45 auf 108 gesteigert werden. Durch den Auslauf ins Freie werden nun neben den Richtlinien für das BTS-Label auch diejenigen des RAUS-Programms (Label für regelmässigen Auslauf bei Nutztieren) erfüllt und mit Tierwohl-beiträgen vom Bund unterstützt. Diese Beiträge werden mit Kosten für mehr Stallfläche pro Tier und mehr Einstreu begründet. Unter diesen Voraussetzungen können die Schweine unter dem Label der integrierten Produktion (IP-Suisse) vermarktet werden. Hier können die Kosten auf 8000 Franken beziffert werden.

... und die tägliche Arbeitszeit kann stark gesenkt werden.

 

Die tägliche Arbeitszeit konnte von einer Stunde auf 30 Minuten gesenkt werden und dies obwohl die Kapazität des Stalles um 140% gesteigert wurde. Die eingesparte Zeit lässt sich auf die Automatisierung der Fütterung zurückführen. Die Futterpreise sind sehr starken Preisschwankungen ausgesetzt. Der Preis für 100kg Schweinefutter betrug im September2021 67.30 Franken. Nach Abzug des Grundrabatts von sieben Franken können weitere 4.50 Franken für die grössere Bestellmenge von 21 Tonnen abgezogen werden. Vorher waren es lediglich 1.50 Franken. Damit können pro Tonne Futter dreissig Franken gespart werden. Bei einem jährlichen Verbrauch von rund 60 Tonnen ein nicht zu vernachlässigender Faktor. Die Schwankungen bei den Kauf- und Verkaufspreisen von Schweinen sind ebenfalls sehr hoch. Im Buchhaltungsabschluss werden jedes Jahr die Verdienste pro gemästetes Schwein berechnet. Zwischen 2002 und 2019 schwankten diese von 25 Franken bis 89 Franken. Deshalb kann hier keine nennenswerte Veränderung festgestellt werden. Im Durchschnitt lag der Profit bei 65 Franken pro Schwein.

 

Die Investition von knapp 24'000 Franken macht sich stark bemerkbar. Die täglichen Arbeiten können nun flexibel geplant werden und beanspruchen nur noch rund die Hälfte der Zeit. Zusätzlich konnte die Stallleistung von 153 auf 367 Schweine pro Jahr, bei durchschnittlich 3.4 Umtrieben, gesteigert werden. Somit kann ich festhalten, dass der Einsatz des Kapitals sich gelohnt hat. Die Produktivität konnte theoretisch mehr als verfünffacht werden. Vor allem die knappe Ressource Zeit kann optimal genutzt werden, wobei auch die neu gewonnene Flexibilität ein grosser Gewinn ist.

 

18.01.22 Severin Birrer

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